In Institutionen etabliert sich Macht – oft unbemerkt – auch durch Strukturen und Arten der Kommunikation. Verbal wie nonverbal. Auf beiden Ebenen ist in der katholischen Kirche Macht missbraucht worden. Welche Rolle spielen Kommunikationsstrukturen, um Machtverhältnisse in der Kirche vor Anfragen zu schützen? Wie wird Machtmissbrauch kommunikativ vorbereitet und gestützt?
Im Rahmen der Initiative der Katholischen Akademien in Deutschland „Strukturen des Missbrauchs überwinden“ hatte die Kath. Akademie des Bistums Hildesheim für den 30. Oktober 2019 Prof. Dr. Julia Knop (Kath.-Theol. Fakultät der Universität Erfurt, Lehrstuhl für Dogmatik) und Prof. Dr. Ulrich Engel OP zu einer Podiumsdiskussion nach Goslar geladen. Im dortigen Haus der Akademie diskutierten die beiden Akteure – moderiert von Birgit Kolkmann (DeutschlandRadio Berlin) – über die Phänomene Hierarchie und Macht und fragten in besonderer Weise nach der Rolle der Sprache in diesem Zusammenhang.
Engel berief sich in seinem Eingangsvortrag v.a. auf den französischen Philosophen Michel Foucault († 1984), der Zeit seines Lebens Phänomene der Macht untersucht hat. In interessierte dabei die Ermächtigung und Subjektwerdung der Menschen. Eine besondere Machtform, mit der Foucault befasst war, ist die „Pastoralmacht“. Im Typus des Hirten (= Pastor) hat sie auch ihren Platz in der Kirche: schillernd zwischen Fürsorge und Kontrolle. Drei Prinzipien kennzeichnen die Pastoralmacht: 1. das Prinzip der Unterwerfung (d.h. die Macht der Führung der Herde und des einzelnen Schafs funktioniert nur, wenn die Herde als Ganze und jedes einzelne Schaf den Hirten als Hirten anerkennt und sich durch ihn führen lassen will); 2. das Prinzip der Fristlosigkeit der Unterwerfung (Dauerhaftigkeit), und 3. das Prinzip der Unterwerfung unter Lehre und Wahrheit (hierbei geht es immer auch um die Vorbildfunktion der Hirten, die im Rahmen des massenhaften Missbrauchs durch Kleriker zerstört worden ist. Von dieser mit Foucault gewonnen Analyseposition plädierte Engel dafür, wirklich demokratische Strukturen – orientiert an der 800 Jahre alten, amtskirchlich anerkannten Verfassung des Dominikanerordens – in die Gesamtkirche zu implementieren.