Den Beginn machte Prof. Dr. Armin Wildfeuer, Köln, mit dem Vortrag: „’Sapientis est ordinare‘. Die ordnungsstiftende Kompetenz des Weisen – ein Gang durch die Philosophiegeschichte in systematischer Absicht“. Der kundige Parcours durch die antike und mittelalterliche Philosophie verdeutlichte eindrucksvoll, wie sehr die Weisheit (Gottes) ursprünglich als Ordnungsgröße verstanden wurde – ein Prinzip, das in der Neuzeit, angefangen mit Wilhelm von Ockham und Duns Scotus, zerbrochen ist.
Prof. Dr. Ludger Schwienhorst-Schönberger aus Wien als Vertreter der biblischen Theologie folgte den Spuren der alttestamentlichen Weisheit: „‘Die Weisheit hat ihr Haus gebaut‘ (Spr 9,7). Biblische Weisheit als Lebensform“. Das Ordnung stiftende Prinzip des Tun-Ergehen-Zusammenhangs, das die Weisheitstheologie des Sprichwörter- und Sirach-Buches prägt, gerät im Buch Ijob in seine tiefste Krise. Der Referent stellte aber die spannende These auf, dass er die vom Ijobbuch angebotene Lösung der Leidensfrage keineswegs als gescheitert ansieht.
Am Nachmittag führte Dr. Gabriele Ziegler, Münsterschwarzach, die Teilnehmer*innen mit dem Thema „Der Anfang der Weisheit: Gottesfurcht. Konkrete Weisungen der Wüstenmütter und Wüstenvater“ in die Zeit der Alten Kirche, genauer zu den Pioniergestalten von Mönchtum und Ordensleben. Am Motiv „Gottesfurcht“ zeigte sie, wie dessen biblische Verknüpfung mit der Weisheit in der Ordensgeschichte rezipiert wurde.
Prof. Dr. Joachim Negel, Fribourg, stellte die „Zweite Naivität – Weisheit als Denkform des Glaubens“ vor. In akribischer Rekonstruktion führte er das Motiv der sekundären oder zweiten Naivität auf den Münsteraner Philosophen Peter Wust und den jüdischen Religionsphilosophen Ernst Simon zurück, von wo es zu Paul Ricoeur gelangte. In einer anschaulichen Exegese von Mt 2 demonstrierte der Referent, wie eine Lektüre in zweiter, nachkritischer Naivität (gegenüber der ersten, vorkritischen) aussehen kann. Es entspannte sich eine angeregte Diskussion.
Den öffentlichen Abendvortrag im Rahmen des feierlichen Actus academicus hielt die bekannte emeritierte Professorin DDr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, „‘Gib Raum den Dingen.‘ Romano Guardini als Lehrer der Weisheit“. Im vollbesetzten Chorraum des Kapuzinerklosters gab sie am Beispiel des Wortfelds Sehen – Licht – Herrlichkeit einen Einblick in das mystische Denken des großen Theologen des 20. Jahrhunderts.