Langzeitprojekt mit Pioniercharakter
Geistliche Schriftauslegung: was unter diesem Sammelbegriff subsumiert werden kann, gilt im akademischen Bereich, zumindest im deutschen Sprachraum, oft als suspekt und findet wenig Beachtung. Seitens der exegetischen Wissenschaft betrifft das vor allem zeitgenössische Versuche einer spirituellen Bibelerschließung; aber auch die Beschäftigung mit der patristischen oder mittelalterlichen, stark allegorisch-geistlich ausgerichteten Exegese ist immer noch ein Feld weniger Spezialisten.
Umgekehrt ist an der ,Basis‘ in den letzten Jahrzehnten das Gefühl gewachsen, dass eine Fokussierung der Schriftauslegung auf die historisch-kritische Methode allzu einseitig ist; nicht wenige schreckt sie gar vom Lesen der Bibel ab. Bei vielen Christen herrscht ein „Unbehagen an der Schulexegese“ (Ulrich H. J. Körtner), die als „blutleer“ empfunden wird und die Dimension der Erfahrung vernachlässigt.
Das Projekt der PTH Münster möchte diesen Graben überbrücken und die skizzierte Lücke füllen. Angestrebt wird eine wissenschaftliche Fundierung des Themas Geistliche Schriftauslegung an der Schnittstelle von Bibelexegese und Spiritualitätsgeschichte. Was ist „Geistliche Schriftauslegung“? Wie wurde und wird sie verstanden und wie verhält sie sich zu anderen Zugängen zur Heiligen Schrift? Wie lässt sich ihr reicher spiritueller Schatz heben?
Nach dem Auftaktsymposium an der PTH im Februar 2022, bei dem es vor allem um Grundsatzfragen hermeneutischer Art ging (siehe unten die Publikation zum Symposium), fand im Februar 2024 in Nürnberg bzw. online eine Tagung zum Thema „Musik als geistliche Schriftauslegung“ (siehe unten das Tagungsprogramm). Hochkarätige Referentinnen und Referenten aus Musik(wissenschaft) und Theologie steuerten in einem weiten Bogen von der Gregorianik bis zum Neuen Geistlichen Lied zahlreiche Beispiele bei, wie die Heilige Schrift musikalisch-spirituell rezipiert worden ist und wird. Höhepunkt war eine öffentliche Konzertlesung in der Kirche St. Martha mit dem Geigenbaumeister und spirituellen Autor Martin Schleske und dem Wiener Violinprofessor Jehi Bahk.
Weitere Tagungen zu speziellen Bereichen geistlicher Schriftauslegung geplant. Ergänzend wird es Publikationen zu Einzelthemen geben.
Die Erträge des Projekts (Dokumentationen der Tagungen, Monographien) werden in der eigens für das Projekt gegründeten Publikationsreihe „SENSUS PLENIOR“ im Echter-Verlag veröffentlicht. Der erste Band ist 2023 erschienen (siehe unten).
Das Projektteam:
Prof. Dr. Gerhard Hotze
PTH Münster
Professor für Neues Testament
Prof. Dr. Christian Uhrig
PTH Münster
Professor für Spiritualitätsgeschichte des Altertums und Didaktik der Spiritualität
Claudio Ettl
Stellvertretender Akademiedirektor und Leiter des Ressorts Theologie, Spiritualität und Philosophie
Akademie Caritas-Pirckheimer-Haus Nürnberg
Prof. Dr. Gudrun Nassauer
Inhaberin des frankophonen Lehrstuhls für Theologie und Exegese des Neuen Testaments
Université de Fribourg
Online-Tagung
Um existenziell relevant und resonant zu sein, bedarf die Bibel immer wieder (neu) der Auslegung und Interpretation. Ein Schlüssel zu einem vertiefenden Verständnis der Schrift kann die Musik sein.
Die Tagung beleuchtet das Verhältnis von Bibel und Musik:
- Inwieweit ist Musik „geistliche Schriftauslegung“?
- Welchen Mehrwert bietet sie für Exegese und Bibelverständnis?
Zahlreiche Vorträge und Diskussionsrunden unternehmen u.a. hermeneutische, exegetische und musikwissenschaftliche Annäherungen; Workshops bieten Beispiele musikalischer Bibel-rezeption von der Gregorianik über Hildegard von Bingen, Bach und Mendelssohn bis hin zu Messiaen, Leonard Cohen und „Neuem Geistlichen Lied“.
Die Konzertlesung „Der Klang. Vom unerhörten Sinn des Lebens“ mit dem Geigenbaumeister Martin Schleske und dem Geiger Jehi Bahk rundet die Tagung musikalisch ab.
Folgende Tagungsbeiträge sind auf dem YouTube-Kanal der PTH Münster einsehbar:
Musik in der Schriftrezeption. Überlegungen zur hermeneutischen Valenz von Rezeptionsgeschichte
Prof. Dr. Gudrun Nassauer
Gibt es Schriftauslegung in der Musik?
Prof. Dr. Petra Kindhäuser
Gregorianischer Chroal – „nur der römischen Liturgie eigener Gesang?“
Prof. Dr. Stefan Klöckner
Johann Sebastian Bachs Verständnis von der Heiligen Schrift
Prof. Dr. Reiner Marquard
„In die Musik übersetzt“. Perspektiven für exegetisch-musikalische Dialoge
Prof. Dr. Meinrad Walter
Den Flyer mit dem genauen Tagungsprogramm und weiteren Informationen finden Sie hier.
Publikation
Geistliche Schriftauslegung gilt im akademischen Bereich oftmals als suspekt und wird zumindest im deutschen Sprachraum wenig beachtet. Andererseits ist in den letzten Jahrzehnten das Bewusstsein gewachsen, dass eine Beschränkung auf historisch-kritische Methoden der Schriftauslegung einseitig sein und sogar vom Lesen der Bibel abschrecken kann.
Der Band dokumentiert die Beiträge der Auftaktveranstaltung zum Forschungsprojekt „Geistliche Schriftauslegung“ und unternimmt eine Standortbestimmung.
270 Seiten
€ 24,90 (D) / € 25,60 (A)
ISBN 978-3-429-05806-7
Echter-Verlag, 2023
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